Der Situationsansatz ist ein pädagogisches Konzept, das die Lebenswelt und die realen Erfahrungen der Kinder in den Mittelpunkt stellt. Er wurde in den 1970er Jahren in Deutschland entwickelt und zielt darauf ab, Kinder zu selbstständigen und verantwortungsbewussten Persönlichkeiten zu erziehen, indem ihre Interessen, Bedürfnisse und Lebenssituationen in den Bildungsprozess integriert werden.
Es werden 5 Dimensionen beschrieben, die den Situationsansatz charakterisieren: Lebensweltorientierung, Bildung, Partizipation, Gleichheit und Anerkennung von Verschiedenheit sowie Einheit von Inhalt und Form. Daraus wiederum ergeben sich 16 konzeptionelle Grundsätze, die in der sozialpädagogischen Arbeit, zum Beispiel in Kitas, angewendet werden können.
Umsetzung im Kita-Alltag
- Projekterarbeitung: Erzieher:innen entwickeln gemeinsam mit den Kindern Projekte, die sich aus deren aktuellen Interessen und Lebenssituationen ergeben. Beispielsweise kann ein Projekt über Haustiere gestartet werden, wenn mehrere Kinder von ihren eigenen Tieren erzählen.
- Alltagsintegriertes Lernen: Lerninhalte werden in den Alltag integriert, statt isoliert vermittelt zu werden. Beim gemeinsamen Kochen lernen die Kinder beispielsweise mathematische Grundbegriffe wie Mengen und Gewichte.
- Beobachtung und Dokumentation: Erzieher:innen beobachten die Kinder genau, um deren Interessen und Bedürfnisse zu erkennen und dokumentieren die Entwicklung und Fortschritte. Dies bildet die Grundlage für die individuelle Förderung.
- Partizipative Entscheidungsprozesse: Kinder werden in Entscheidungsprozesse einbezogen, beispielsweise bei der Auswahl von Spielmaterialien oder der Gestaltung des Gruppenraums.
Beispiele
- Projekt „Unser Stadtteil“: Kinder erkunden ihren Stadtteil, besuchen verschiedene Einrichtungen wie die Feuerwehr oder den Bäcker und dokumentieren ihre Erlebnisse in einem selbst gestalteten Buch.
- Natur- und Umweltprojekte: Kinder pflanzen gemeinsam Gemüse im Kita-Garten, pflegen die Pflanzen und beobachten deren Wachstum. Dabei lernen sie viel über die Natur und ökologische Zusammenhänge.
- Interkulturelle Feste: Kinder feiern gemeinsam Feste aus verschiedenen Kulturen, die in der Gruppe vertreten sind, und lernen so die Vielfalt der Kulturen kennen und schätzen.
Vorteile des Situationsansatzes
- Praxisnähe und Relevanz: Durch die Orientierung an den Lebenswelten der Kinder wird Lernen für sie unmittelbar erfahrbar und bedeutsam.
- Förderung der Selbstständigkeit: Kinder lernen, eigenverantwortlich zu handeln und ihre Umwelt aktiv mitzugestalten.
- Individuelle Förderung: Jedes Kind wird in seiner Einzigartigkeit wahrgenommen und kann sich entsprechend seiner individuellen Bedürfnisse und Interessen entwickeln.
- Stärkung sozialer Kompetenzen: Durch die aktive Beteiligung und die gemeinsame Projekterarbeitung werden Teamarbeit und soziale Fähigkeiten gefördert.