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Glossar

Latenzphase

Die Latenzphase ist ein Konzept aus Sigmund Freuds psychoanalytischer Entwicklungstheorie und bezeichnet die vierte Entwicklungsstufe (orale Phase, anale Phase, phallische Phase, Latenzphase und genitale Phase). Diese Phase erstreckt sich etwa vom 6. Lebensjahr bis zum Beginn der Pubertät (ca. 12 Jahre). Im Gegensatz zu den vorherigen Phasen ist diese Zeit durch eine Beruhigung der sexuellen Triebe gekennzeichnet und wird daher als „Latenz“ (Verborgensein) bezeichnet.

Diese Phase ist eine entscheidende Entwicklungsstufe, in der Kinder ihre sozialen Fähigkeiten und kognitiven Fertigkeiten weiterentwickeln. Durch die Unterstützung von Erzieher:innen und Lehrer:innen in sozialen und schulischen Bereichen können Kinder diese Phase positiv durchlaufen und eine stabile Grundlage für die spätere Pubertät und das Erwachsenenleben entwickeln.

Merkmale der Latenzphase

  1. Ruhen der sexuellen Triebe: In der Latenzphase sind die sexuellen Impulse weniger im Vordergrund. Kinder konzentrieren sich mehr auf das Erlernen sozialer Fähigkeiten und die Entwicklung von Interessen.
  2. Entwicklung von Sozialverhalten: Kinder knüpfen Freundschaften, lernen Gruppenregeln und entwickeln ein Verständnis für soziale Normen und Rollen.
  3. Kognitive Entwicklung: Diese Phase ist geprägt von erheblichem kognitiven Wachstum. Kinder entwickeln logisches Denken, schulische Fähigkeiten und erweitern ihr Wissen über die Welt.
  4. Stärkung des Über-Ichs: Das Über-Ich (Gewissen) wird weiter ausgebildet, was zu einem stärkeren Bewusstsein für Moral, Recht und Unrecht führt.

Beispiele für typische Verhaltensweisen in der Latenzphase

  • Schulische Leistungen: Kinder in der Latenzphase zeigen Interesse am Lernen und Streben nach schulischem Erfolg.
  • Freundschaften: Es entstehen stabile Freundschaften, oft innerhalb des gleichen Geschlechts.
  • Gruppenaktivitäten: Kinder nehmen an Gruppenaktivitäten und -spielen teil, lernen Teamarbeit und soziale Kompetenzen.
  • Hobbies und Interessen: Entwicklung von Hobbies wie Sport, Musik, Kunst oder andere Freizeitaktivitäten.

Pädagogische Implikationen

  • Förderung sozialer Kompetenzen: Erzieher:innen und Lehrer:innen sollten den sozialen Austausch und die Gruppenarbeit unterstützen, um die sozialen Fähigkeiten der Kinder zu fördern.
  • Unterstützung kognitiver Entwicklung: Durch gezielte Lernangebote und Förderung schulischer Fähigkeiten kann das kognitive Wachstum unterstützt werden.
  • Stärkung des Selbstbewusstseins: Positive Rückmeldungen und Anerkennung können das Selbstbewusstsein und die Motivation der Kinder stärken.
  • Klare Regeln und Strukturen: Klare Regeln und Strukturen helfen Kindern, sich in der Gruppe zurechtzufinden und ein Gefühl für Ordnung und Disziplin zu entwickeln.

Kritik und Weiterentwicklung

Freuds Konzept der Latenzphase wurde oft dafür kritisiert, dass es die sexuelle Entwicklung in den Vordergrund stellt und andere Aspekte der kindlichen Entwicklung vernachlässigt. Moderne entwicklungspsychologische Theorien betonen eher die ganzheitliche Betrachtung der sozialen, kognitiven und emotionalen Entwicklung in diesem Alter.