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Glossar

Pädagogische Grundhaltung

Die pädagogische Grundhaltung bezeichnet die grundlegende innere Einstellung, die Pädagog:innen ihrer Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen einnehmen. Sie bildet die Basis für die pädagogische Praxis und beeinflusst maßgeblich, wie Erziehende, Lehrende und Betreuende mit den ihnen anvertrauten Personen umgehen. Eine reflektierte und bewusste pädagogische Grundhaltung ist essenziell, um eine wertschätzende, respektvolle und förderliche Beziehung zu den Lernenden aufzubauen.

Die drei pädagogischen Grundhaltungen nach Carl Rogers

Der Humanist und Psychotherapeut Carl Rogers hat drei zentrale pädagogische Grundhaltungen identifiziert, die für die Arbeit mit Menschen von großer Bedeutung sind: Empathie, Akzeptanz und Kongruenz. Diese Haltungen sind nicht nur in der therapeutischen Arbeit wichtig, sondern auch in der Pädagogik unverzichtbar.

  1. Empathie (Einfühlendes Verstehen): Empathie bedeutet, sich in die Lage der Lernenden hineinzuversetzen und ihre Gefühle und Bedürfnisse aus ihrer Perspektive zu verstehen. Für Pädagog:innen bedeutet das, die emotionalen und sozialen Prozesse der Kinder und Jugendlichen wahrzunehmen und darauf sensibel zu reagieren. Empathie und Feinfühligkeit sind entscheidend, um eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen und die individuellen Entwicklungsbedarfe zu erkennen. In der Praxis zeigt sich Empathie beispielsweise darin, dass eine Erzieherin ein verunsichertes Kind ermutigt und unterstützt, ohne es zu drängen.
  2. Akzeptanz (Bedingungslose positive Zuwendung): Akzeptanz bedeutet, die Lernenden so anzunehmen, wie sie sind, ohne Bedingungen zu stellen. Diese Haltung ist geprägt von Respekt und Wertschätzung gegenüber der Individualität jedes Kindes oder Jugendlichen. Akzeptanz schließt auch das Verständnis ein, dass Fehler und Schwächen zum Lern- und Entwicklungsprozess gehören. Pädagog:innen, die diese Haltung leben, schaffen eine Umgebung, in der sich die Lernenden sicher fühlen und sich frei entfalten können. Ein Beispiel hierfür ist, wenn eine Lehrkraft einem Schüler mit Lernschwierigkeiten ohne Vorurteile begegnet und ihm auf Augenhöhe Unterstützung anbietet.
  3. Kongruenz (Echtheit): Kongruenz bezieht sich auf die Authentizität und Echtheit der Pädagog:innen. Sie handeln und kommunizieren in Übereinstimmung mit ihren eigenen Gefühlen und Überzeugungen. Diese Offenheit schafft eine vertrauensvolle Beziehung, weil die Lernenden spüren, dass der:die Pädagog:in ehrlich und transparent ist. In der Praxis zeigt sich Kongruenz, wenn ein:e Erzieher:in offen mit einem Kind über eigene Unsicherheiten spricht, anstatt sich hinter einer Fassade zu verstecken.

Weitere wesentliche Elemente der pädagogischen Grundhaltung

  1. Wertschätzung und Respekt: Eine zentrale Komponente der pädagogischen Grundhaltung ist die uneingeschränkte Wertschätzung der individuellen Persönlichkeit jedes Kindes oder Jugendlichen. Pädagog:innen begegnen den Lernenden mit Respekt, unabhängig von deren Verhalten, Hintergrund oder individuellen Fähigkeiten. Diese Haltung schafft eine Atmosphäre des Vertrauens und der Sicherheit, in der sich Kinder und Jugendliche wohlfühlen und offen für Lernen und Entwicklung sind.
  2. Autonomie und Selbstbestimmung: Eine reflektierte pädagogische Grundhaltung fördert die Autonomie der Lernenden. Pädagog:innen sehen es als ihre Aufgabe an, Kinder und Jugendliche zu ermutigen, selbstständig zu denken, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Dabei wird der Entwicklungsstand der Lernenden berücksichtigt, um Über- oder Unterforderung zu vermeiden.
  3. Positive Erwartungshaltung: Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die positive Erwartungshaltung gegenüber den Lernenden. Pädagog:innen, die an die Fähigkeiten und das Potenzial der Kinder und Jugendlichen glauben, stärken deren Selbstvertrauen und fördern deren Motivation. Diese Haltung vermittelt, dass Fehler als Lernmöglichkeiten gesehen werden und jeder Mensch die Fähigkeit zur Weiterentwicklung besitzt.
  4. Reflexion und Selbstkritik: Pädagog:innen sollten ihre eigene Grundhaltung regelmäßig reflektieren und sich selbstkritisch hinterfragen. Nur durch kontinuierliche Selbstreflexion kann sichergestellt werden, dass die eigene Haltung stets im Einklang mit den pädagogischen Zielen steht und die Bedürfnisse der Lernenden berücksichtigt werden. Dieser Reflexionsprozess hilft auch, blinde Flecken zu erkennen und eigene Vorurteile abzubauen.

Bedeutung der pädagogischen Grundhaltung im Alltag

Die pädagogische Grundhaltung prägt den Alltag in Kindergärten, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen. Sie beeinflusst die Art und Weise, wie Regeln und Grenzen gesetzt, Konflikte gelöst und Lerninhalte vermittelt werden. Eine positive pädagogische Grundhaltung trägt dazu bei, eine förderliche Lernumgebung zu schaffen, in der Kinder und Jugendliche ihre Potenziale entfalten können.

Beispiele aus der Praxis verdeutlichen die Relevanz dieser Haltung: Ein:e Erzieher:in, der:die einem Kind, das Schwierigkeiten hat, seine Emotionen zu regulieren, mit Geduld und Verständnis begegnet, anstatt es für sein Verhalten zu bestrafen, zeigt eine wertschätzende und empathische Grundhaltung. Ein:e Lehrer:in, der:die den individuellen Lernstil eines Schülers erkennt und ihm alternative Lernwege anbietet, handelt aus einer Haltung der Förderung von Autonomie und Selbstbestimmung heraus.